Auch wenn man als Imker oder Imkerin Bienen nicht zuletzt deshalb hält, weil man Honig gewinnen möchte, kann man sich dafür interessieren, wie man zu einem besseren Verhältnis zu den Tieren kommen kann. David Gerstmeier und Tobias Miltenberger tun genau dies in ihrem 2018 bei Kosmos erschienen Buch „Ökologische Bienenhaltung“.

Das knapp 180-seitige Buch bespricht zunächst die Beziehung zwischen Menschen und Bienen. Verschiedene Ansätze der Imkerei werden vorgestellt, bevor die beiden Autoren das Wesen des Biens nachzuvollziehen versuchen. Schließlich werden beide Seiten – Mensch und Biene – in ihrem Zusammenwirken diskutiert. Sehr schön und aus Sicht vieler Imker sicher richtig ist der von beiden diskutierte Einfluss der Bienen auf den Menschen. Immer werben sie dabei für eine Beziehung mit Nähe. Zahlreiche Bilder der beiden Imker ohne Schutzkleidung oder Schleier direkt an -und in- ihren Völkern unterstreichen, was sie damit meinen. Um zu meinem einleitenden Satz zurückzukehren: Gerstmeier und Miltenberger wollen insbesondere, dass man sich darüber klar wird, was man als Mensch von den Tieren möchte. Und was man bereit ist, zurück zu geben.

Dabei gehen sie intensiv darauf ein, welche Bedürfnisse ein Bienenvolk hat. Sie ziehen diese Diskussion entlang der Aspekte Schwarmverhalten, der Rolle der Königin und der Bedeutung eigener Waben für das Volk auf. In allen Fällen werben sie dafür, die Bienen mehr selbst entscheiden zu lassen, was geschehen soll. Am Ende des Buches wird noch einmal deutlich, was ihrer Einschätzung nach Druck auf gesunde Bienenpopulationen ausübt: Die von uns gestaltete, hoch industrialisierte Umwelt.

Was sticht bei dem Buch besonders hervor? Viele der Fakten und Informationen sind aus anderen Publikationen oder aus der imkerlichen Schulung bekannt. Aber die beiden Autoren beleuchten auch schon Bekanntes immer wieder von einer anderen, einer naturnäheren Perspektive. Ohne dabei je den Anspruch aufzugeben, (Berufs-)Imker zu sein. Sie sind keine zu Extremen neigenden Hitzköpfe, sondern Menschen mit Haltung und Überzeugungen. Ihre Ideen und Vorschläge zu einem anderen Umgang mit dem Tier Biene sind sinnvoll, nachvollziehbar und umsetzbar. Letzteres zeigen sie durch ihr eigenes Handeln und Einblicke in ihre eigene Imkerei. Und wenn wir ehrlich mit uns sind, stimmt es ja auch: Wir machen uns die Dinge manchmal recht bequem. Etwa mit dem Scheinargument „Wir Imker machen doch keine Massentierhaltung. Bienen leben nun einmal zu zehntausenden in einem Volk.“ Das ist auf den ersten Blick ein schlüssiges Argument. Aber es wird durch seine Eingängigkeit nicht unbedingt richtiger. Denn Bienenvölker halten in der Natur großen Abstand zueinander. In Wäldern liegen in der Regel Kilometer zwischen einzelnen Bienenvölkern. Wir halten die Tiere aber (ja, wie der Rezensent auch) auf engem Raum nahe beieinander. Beute neben Beute. Doch ergibt sich nicht gerade aus Zwängen an der einen Stelle die Notwendigkeit, an anderer vielleicht stärker auf die natürlichen Bedürfnisse der Bienen einzugehen? Sie zum Beispiel schwärmen zu lassen? Eben für solche Nachdenklichkeit und für das Abwägen plädieren die beiden Autoren.

Neben einen neuen Blick auf einen bekannten Gegenstand sei noch die wirklich gelungene, schöne Gestaltung des Buches genannt. Damit sind neben attraktiven Fotos auch gelungene Grafiken (z.B. zum Wachstum des Biens während eines Bienenjahrs) und schöne Zeichnungen gemeint.
Ein lohnenswertes Buch!

Rainer Lisowski

P.S. Kennt jemand das Buch? Habt Ihr einen Kommentar dazu? Schreibt uns gern dazu: