Wie so oft erfolgte der Anruf gegen vier Uhr Nachmittags, denn meist schwärmen sie ja gerne am früheren Nachmittag. Eine Dame aus dem Stadtteil Eversten war am Apparat. Sie hatte am Vormittag den Artikel von Dörthe Heuer und Rainer Lisowski zum Weltbienentag in der NWZ gelesen. Ehrenamtlich betreue sie eine Familie irakischer Geflüchteter, die in Osternburg leben. Und in deren Garten war ein Schwarm gelandet. Also: Schwarmfangkiste eingepackt und losgezogen. Und tatsächlich saß eine schöne, große Schwarmtraube in etwa 3 Metern Höhe in einem größeren Strauch. Sie ließen sich recht willig einfangen und so ging es vor dem großen Regen am Abend zurück nach Hause.

Am nächsten Morgen saßen sie dann alle, so wie es das Lehrbuch schreibt, am Deckel des Schwarmfangkastens und brumselten leise vor sich hin. Fast so, als warteten sie geduldig darauf, dass es nun weiterginge. Da die Schwärme Proviant für etwa drei Tage mit sich führen musste auch nicht gefüttert werden. Auf sie wartete eine Besonderheit. Keine übliche Wirtschaftsbeute mit den normalen vier Wänden, Trennschieden oder Abdeckfolien. Auf sie wartete ein kleiner Bienenluxus…

Vorbereitet stand dort ein Weißenseifer Hängekorb, eine vom Künstler und Imker Günther Mancke (1925-2020) geschaffene Bienenbeute, die aus einem Bienenkorb aus Roggenstroh geflochten wird und die am Ende eine Schutzschicht aus Lehm und anderen Materialien erhält. Der Korb wird in einen Baum oder unter ein Dach gezogen – meist auf eine Höhe, die dem Leben der Bienen entspricht. Denn in der Natur siedeln sie gerne in ein paar Metern Höhe.

Der Schwarm schien jedenfalls sehr schnell von dem neuen Zuhause angetan. Gut, der Imker hatte auch einen alten Trick der Bio-Imkereien benutzt: Die oberen Trägerchen wurden vorher mit flüssigem Bienenwachs eingestrichen, was den Bienen schon einmal das Signal gibt: Bitte hier bauen! Und die Strohwände des neuen Zuhauses wurden vorher mit Zitronenmelisse eingerieben. Die Bienen scheinen diesen Geruch zu mögen. An einen Wieder-Auszug, wie man ihn manchmal bei Schwärmen erleben kann, war jedenfalls überhaupt nicht zu denken. Binnen eineinhalb Stunden begannen die Bienen zu bauen, was man an den winzigen Wachsschüppchen, die dabei verloren gingen und auf den Boden fielen, gut erkennen konnte. Die Nektarsammel-Flüge starteten auch sofort. Für die im Vordergrund sichtbaren Rosen interessierten sich die Sammlerinnen keineswegs. Aber deutlich erkennbar waren Flugstraßen, die in Richtung der rotblühenden Kastanie eine Straßenecke weiter deuteten…